09.08.2006
Was wäre, wenn Regensburg zerbombt und Frankfurt verschont worden wäre?

Man mag darüber streiten, ob "Was wäre wenn"-Fragen letztlich irgendeinen wertvollen Beitrag zur Lösung von tatsächlich existierenden Problemen leisten. In jedem Fall aber sind sie hilfreich, um bestimmte Angelegenheiten von einer anderen Seite zu betrachten.

Ja, was wäre denn nun eigentlich, wenn das ehrwürdige Regensburg den Bomben zum Opfer gefallen wäre, während andererseits die gotische Altstadt von Frankfurt am Main den Krieg unbeschadet überstanden hätte?

Vielleicht würden wir gerade jetzt in diesen Tagen erleben, wie Frankfurts Altstadt als Weltkulturerbe in die UNESCO-Liste aufgenommen würde; der hessische Ministerpräsident würde dies als "verdiente und große Auszeichnung" bezeichnen; die Frankfurter würden voller Stolz sein auf ihre Heimatstadt, die Touristen kämen in Scharen, Experten wie Laien wären voll des Lobes.

Und Regensburg? Vielleicht gäbe es dort heute eine triste und graue Innenstadt, das alte Stadtbild wäre nur noch eine schmerzliche Erinnerung. Vielleicht gäbe es sogar einen Verein, der sich die Rekonstruktion eines Teils der Regensburger Altstadt zum Ziel gesetzt hätte. Sicherlich gäbe es in einem solchen Fall aber auch Bedenkenträger der bekannten Art: So würde der Architekturkritiker B. darauf verweisen, dass Regensburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts lediglich als "hässliche alte Stadt" wahrgenommen worden sei; der Architekt J. würde mit vor Entsetzen schriller Stimme fragen, ob man denn wirklich die hygienischen Verhältnisse des Mittelalters zurückhaben wolle; sein Kollege E. würde einem staunenden Publikum erläutern, dass eine Altstadt für moderne Menschen nicht lebenswert sei; irgendein beliebiger Journalist würde schreiben, dass wir nun mal heute leben und nicht im Mittelalter (und er würde dies für eine geniale Formulierung halten); ein Kommunalpolitiker würde von der "Büchse der Pandora" sprechen, die mit der Forderung nach Rekonstruktion der Altstadt geöffnet werde; eine Museumsdirektorin würde mit dem Versuch, eine Persiflage zu schreiben, kläglich scheitern; ein anderer Journalist würde den Begriff der "Disneylandisierung" in die Debatte einführen (und diese Wortschöpfung für noch genialer halten, als es der erstgenannte Journalist mit seiner Formulierung tut); und letztlich würde nahezu jeder Gegner der Rekonstruktion, der aus welchem Grund auch immer bei den entsprechenden öffentlichen Veranstaltungen auf dem Podium sitzen darf, vermeintlich intellektuelle Schmunzelwitze über knipsende Japaner machen.

Da das alles aber nicht so ist (die Altstadt von Regensburg steht glücklicherweise noch), bleiben zumindest den Regensburgern derartige Absurditäten erspart. 

 

 

Herzlichen Glückwunsch, Regensburg, zum Weltkulturerbe-Status!

 

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